Ich hatte doch frei. Richtig! Ich war nicht auf der Arbeit und saß nicht am PC. Also hatte ich frei, keine Aufgaben und nichts zu tun. Richtig?
Ich bin mit Schmerzen aufgestanden. Meine Regelblutung hat fast ganz aufgehört. Was heißt das: Obwohl ich die Pille Zafrilla ohne Pause nehme und sich keine Schleimhaut aufbauen sollte, tut sie es. Die Pille ist nicht stark genug, sie ist auch nicht stark genug, die Endometriose ausreichend zu unterdrücken. Das heißt im Alltag, dass ich konstant mindestens leichte Schmerzen habe. Je länger ich die Pille ohne Pause nehme, desto mehr werden sie. Vor 9 Tagen war es dann zum ersten Mal soweit, dass ich trotz Pille nicht nur Schmierblutungen hatte, sondern eine ausgewachsene Blutung mit sehr dunklem alten Blut. Das ist weder angenehm noch schön. Vor 6 Tagen entschied ich, die Pille abzusetzen. Seit einer Woche hatte ich also mehr Schmerzen, war müder und hatte mehr Schwindel. Aber zumindest veränderte sich das dickflüssige, alte, fast schwarze Blut zu einem frischen roten Fluss. Ich hoffte, dass alles aus meinem Körper geschwemmt würde.
Ich habe mit Schmerzen mein Kind für die Kita vorbereitet, sie hingebracht und wir konnten uns ohne Tränen trennen. Ich bin zurück nach Hause und habe mir mein Frühstück gemacht. Die Schokoladen-Nicecream konnte ich in Ruhe im meinem Sessel genießen. Niemand da und keine weitere Aufgabe für diesen Moment. Ein Moment Ruhe. Dann nahm ich einen Zettel und sammelte meine Gedanken, denn auf den heutigen Arzttermin habe ich schon lange gewartet. Um sicher nichts zu vergessen, schrieb ich mir auf, welche Rezepte ich brauchte, welche Fragen ich hatte und welche Probleme da waren.
Dann fuhr ich zur Frauenärztin in der Stadt, zum Glück in der Nähe. Zum Glück seit Jahren und mehreren Wechseln eine Frauenärztin, bei der ich mich wohl fühle und bei der ich offen sprechen kann. Bis alles hier erledigt ist, gehen 1,5 Stunden ins Land. Eher durchschnittlich für Arzttermine. Für die Ärztin bin ich eine schwere und komplizierte Patientin, nicht weil ich unangenehm im Umgang bin oder meine Ansprüche unmöglich sind. Ich habe einfach zu viel Gepäck und trotz meiner positiver Art, macht sie sich Gedanken. Die Untersuchung ergibt, dass alles ok ist. Die Untersuchung mit Endo-Beschwerden ist auch nicht ohne, wenn in und an einem herumgestrichen und – gedrückt wird. Aber es ist wichtig. Der Ultraschall zeigt, dass meine Schleimhaut nicht komplett abgebaut ist. Aber die Blutung hat aufgehört. Wie erwartet, sprachen wir über weitere Ideen. Das Stäbchen war keine Option, Spiralen auch nicht. Meine Pillen-Möglichkeiten waren sehr klein, wegen dem Crohn. Doppelte Geldkörper-Therapie in ihren Augen nichts sinnvoll bzw. wenig wirksam. Wir experimentieren. Wer das Wort nicht mag, kann sagen: wir probieren alle Möglichkeiten. wir probieren nun die 3-Monats-Spritze, je 35 Euro aus der eigenen Tasche. Ich zeige ihr meine derzeitigen Schmerzmittel, die tatsächlich etwas tun. Paracetamol sind wie Smarties, Ibuprofen tabu wegen dem Crohn. Novalminsulfon geht nicht, weil die dauerhafte Einnahme meine weißen Blutkörperchen zerstört. Also zeige ich ihr Tilidin, welches zu den Opiaten zählt. Sie nennt es potente Schmerzmittel und schluckt. Wir probieren zusätzlich noch Naproxen, das kenn ich noch nicht. Ich mache einen erneuten Termin für eventuelle Spritze Nr. 2 und erneuten „Krisenrat“, ob dieses Experiment nun besser verläuft als das davor. Ich laufe aus der Praxis und zur Apotheke, hole all die Rezeptpflichtigen Sachen und die Spritze, um damit wieder in die Praxis zu gehen. Die gibt es nicht in dem Arm, nein, in den Po, sagt die Arzthelferin. Aber nicht wirklich finde ich, eher darüber. Die zwei neuen Schmerztabletten, die ich daheim nehme, haben nicht wirklich einen nennenswerten Effekt.

Ich hatte von einem Speichel-Test des Labors Eluthia gehört, der eine Diagnose von Endometriose möglich machen soll. Ohne Bauchspiegelung. Leider nahm sie mir gleich die Illusion, der Test hätte zu viele falsche Ergebnisse hervorgebracht und würde nicht in die Praxen kommen. Ebenso reden wir über langfristige und eher ungewünschte Methoden, die Symptome loszuwerden: Wechseljahre mit Mitte 30. Alles noch Theorie, denn noch haben wir nicht alles „ausprobiert“. Nichtsdestotrotz habe ich vor zwei Monaten schon einen Termin in einem Endo-Zentrum in Böblingen gemacht, für Dezember. Frühster Termin. Und das ist kein Witz. Nun gehe ich in die Ungewissheit, ob die Spritze gleich ist wie die Pille, ob doch besser oder schlechter. Ich weiß nicht, wie sie mir bekommt und wie es wird, mit diesen Hormonen, die ich nie wollte.
Ich esse etwas Kleines und lege mich für eine Stunde hin. Eine Stunde Ruhe, Augen schließen, mit niemandem reden und niemanden sehen.
Dann geh es wieder zum Auto, ab in die Stadt zur Physiotherapie. Das bedeutet heute zum Einstieg erst mal neue Termin für ausgefallene Termine finden. Ich mag meine Therapeutin, mit ihr kann man leicht reden und wir haben einen ähnlichen Humor. Während sie meinen unteren Rücken bearbeitet, damit mir die Schmerzen nicht mehr bis ins linke Knie strahlen, reden wir über meine andere Baustelle rechter Fuß. Darüber, wie verunsichert ich bzgl. Behandlung bin und was ich mit den ausstehenden Diagnosen anstellen sollte. Sie gab mir Tipps und versprach, sich selbst zu erkundigen, ob sie was tun könnte. Meine Sitzung endet mit einer Wärmepackung.


Ich fahre heim, räume die Küche noch vom Morgen auf und bereite dem Besuch am Nachmittag vor. Dann hole ich mein Kind. Dann muss es ich mit steigenden Schmerzen eine Tilidin nehmem. Damit lass die Schmerzen zum ersten Mal nach an diesem Tag.
Ich hatte doch frei …

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