Im Oktober 2017 verfasste ich hier bereits einen Gastbeitrag zu Sport und CED. Ein Thema was mir wirklich sehr am Herzen liegt und die Worte, die ich damals schrieb, zeigten schon meine Leidenschaft für das Thema und stellten den Nutzen von Bewegung im Kontext mit der CED auf. (Hier geht es zu jenem Beitrag von 2017, Eva’s Entwicklung zwischen beiden Beiträgen ist toll zu beobachten)

In den vergangenen Jahren habe ich – auch, wenn es sich nicht jeden Tag so anfühlte – enorme Fortschritte machen können.
In den vergangenen Tagen habe ich mich durch mein Fotoarchiv gescrolled. Und irgendwie hat es mich dann überwältigt. Ich sah Bilder von den Jahren nach der Diagnose CED und ich hatte schon wieder verdrängt, wie sehr man es mir doch ansehen konnte und manchmal so eben gar nicht.
So viele Situationen in denen ich dachte „Boar, da hast du dich zusammengerissen“ , „wow, was ein Mondgesicht“, „was war mir es übel“… dann habe ich gesehen, wer mittlerweile nicht mehr Teil meines Lebens ist, wer an meiner Seite geblieben ist und welche Menschen neu in mein Leben getreten sind, was ich daraus gelernt habe und wer ich heute bin – und aus Traurigkeit wurde Dankbarkeit ♥️ und zur Dankbarkeit kam noch Stolz obendrauf.


Dies gilt für alle Lebensbereiche – sei es im privaten Umfeld, sei es im Beruf und eben auch bei meinem geliebten Sport. Denn ich konnte in der Historie sehen, wie ich damals mit kleinen Spaziergängen angefangen habe, Mini-Hanteln, Rehasport… ich konnte sehen, wie ich Jahr für Jahr nicht nur mental, sondern auch körperlich stärker geworden bin.
„Evalescam“ – mein Accountname bei Instagram und auch Name meines Blog – ist mehr als nur das. Es war und ist mein Mantra: „Ich werde stark sein!“ Und das war und bin ich immer ein Stückchen mehr geworden. Und neben der Stärke, die ich mental entwickelt habe, habe ich durch ein immer besseres Körpergefühl auch körperlich mehr Kraft gewinnen können. Schritt für Schritt.
Wie stark mich damals die Tatsache „chronisch krank“ zu sein zunächst verunsicherte und überforderte. Ich wusste zu dem Zeitpunkt damals kaum etwas über die CED und meinem eigenen Körper. Und jetzt kann ich sagen, einen viel besseren Umgang mit der CED und mir selbst gefunden haben. Schon krass, wie schwer die Jahre damals auch waren – es hat mir auf jeden Fall dazu verholfen, die Dinge und das Leben an sich einfach viel mehr wertzuschätzen! Und für diese Lektion bin ich dankbar, auch, wenn ich gern auf die Art des Unterrichts hätte verzichten können.
Ich feiere es unfassbar, dass all das, was ich in den letzten Jahren gelernt, trainiert und verinnerlicht habe, mir so unendlich viel Unterstützung und Sicherheit bietet, wenn ich mal wieder schlechtere Phasen habe. Ja, es gibt sie noch die herausfordernden Phasen, aber sie werden weniger, sie sind weniger hart als noch vor ein paar Jahren und ich kann um Längen besser mit Ihnen umgehen, weil ich mit mehr Kraft und weniger Selbstzweifeln hineingehe.
Bewegung und Sport geben mir so viel. Auf unterschiedlichsten Ebenen. Sei es körperlich wie mental. Und das ist nicht nur meine Wahrnehmung, sondern eben auch bewiesen.
Mach mal mehr Sport! Wer von Euch hat auch mal so „Tipps“ bekommen? Und manchmal denkt man sich dann: „Ja, klar, ich fühle mich erschöpft und meine CED kostet mich viel Kraft. Jetzt soll ich noch Sport machen?“
Mal abgesehen davon, dass so pauschale Aussagen uns nicht immer zwingend unterstützen, ist Sport dennoch ein Thema, mit dem es sich lohnt, sich auseinander zu setzen.

Was können denn nun konkrete Vor- und Nachteile von Sport als Maßnahme zur Verbesserung der Lebensqualität sein?
Sport erreicht positive körperliche, psychische und soziale Effekte. Die körperlichen Effekte sind die Steigerung der Schlafaktivität, ein verbessertes Immunsystem, eine Gewichtsregulation, eine Verbesserung der Atmung, eine Blutdruckregulation, eine Verbesserung der Beweglichkeit und Belastbarkeit, einer Verringerung von Wetterfühligkeit und Kopfschmerzen, eine Minderung von Rücken- und Gelenkschmerzen und die Ökonomisierung des Herz-Kreislauf-Systems.
Die psychischen Effekte zeigen sich durch eine Verminderung von Angstgefühlen, der Unterstützung des Stressabbaus, einer stimmungsaufhellenden Eigenschaft, der Steigerung des Selbstbewusstseins, der Reduktion von Depressionen und der Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten. Die sozialen Effekte sind die Förderung von neuen Kontakten, der Erhalt der selbstständigen Mobilität, die Gruppenunterstützung und der Austausch zwischen Gleichgesinnten (Quelle: Schulz, J., & Handmann, C. (2012). Bewegung bei chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Bauchredner, 24). Es gibt bisher keine Hinweise, dass Sport die Entwicklung von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa auslösen oder die Erkrankungen verschlimmern kann.
Beim Betreiben von Sporteinheiten mit einer niedrigen bis moderaten Intensität ist keine Zunahme der Symptome der Erkrankungen zu erwarten. Des Weiteren führt dies nicht zu einer Erhöhung der Entzündungsaktivität im Darm. Sport mit niedriger bis moderater Intensität führt vielmehr zu einer Stärkung des Immunsystems und kann sich somit positiv auf die Endzündungsaktivität im Darm auswirken. (Bjarnason-Wehrens, B., Foitschik, T., Lagerström, D., & Quilling, E. (2014). Sport- und Bewegungstherapie bei inneren Erkrankungen (4 Ausg.). (C. Graf, Hrsg.) Köln: Deutscher Ärzteverlag).
Regelmäßige moderate körperliche Belastung hat einen antiinflammatorischen Effekt. Die durch einen aktiven Muskel entstehende Myokine sind wichtig für das Zusammenspiel von Muskulatur und Fett. Sie hemmen entzündliche Mediatoren, die aus dem viszeralen Fett freigesetzt werden und unterstützen den Fettabbau. Myokine haben positive Einflüsse auf den ganzen Organismus. Dies ist ein weiterer Faktor, der zeigt, wie wichtig Bewegung ist (Hollmann, M. (21. April 2017). Therapiefaktor Myokine- Des Muskels Botenstoff. Abgerufen am 22. September 2020 von https://www.thiemeconnect.de/products/ejournals/html/10.1055/s-0043-101662#zum%20Beitrag).
Das bedeutet mir viel und lässt mich gut fühlen, körperlich wie mental. Und ich bin stolz, dass man – wie ich finde – auch optisch erkennt, dass es mir gut tut – ich mich wohl fühle. Das ist für mich der allerschönste Lohn, dadurch das Gefühl zu haben, Einfluss darauf zu haben, wie ich mich fühle. Meine Lebensqualität mit der CED proaktiv, positiv beeinflussen zu können.
Und es gibt die Tage, an denen ist es ein Spaziergang, aber es gibt auch die Tage, an denen ich Gewichte hebe, mehrere Kilometer laufe und mich einfach unfassbar lebendig fühle – und ich einfach mal nur Eva bin (ohne Sorgen, ohne Angst, ohne Schmerz!).
Was ich besonders wichtig finde, ist es die Angst vor Sport zu nehmen. Dieses Mythos „Sport ist Mord“ ist leider echt ziemlich hartnäckig und hat sich irgendwie bei Einigen manifestiert. Es muss nicht das mega fancy Workout mit Gewichten und hohem Puls und viel Schweiß sein, auch ein Spaziergang an der frischen Luft, auch ein Tänzchen im Wohnzimmer oder beim Zähneputzen auf die Zehenspitzen auf und ab zu gehen – auch das ist Sport und Bewegung, die euch guttun kann.
Bei Studien über das Durchführen von Cardiotraining bei Menschen mit einer CED zeigte sich, dass sie insgesamt bei einer leichteren bis mittleren Intensität eine Verbesserung des Umgangs z.B. mit Stress aufwiesen. Die Möglichkeiten sind so vielseitig. Sportarten, die die CED positiv beeinflussen können sind u.a.: Laufen, Walken, Radfahren, Schwimmen, kräftigende Gymnastik und Entspannungssportarten wie Yoga, Thai chi oder autogenes Training.

Sport ist nicht gleich Sport. Es geht nicht darum, dass man alles sofort beherrscht, besonders gut darin ist oder gut dabei ausschaut. Schwitzen und mal schwer atmen gehört auch dazu. Ihr fühlt Euch noch unwohl bei der Vorstellung in einer Gruppe Sport zu treiben? Sport und Bewegung daheim ist auch ein guter Anfang, um wieder Vertrauen zu bekommen. Schafft Euch eine Atmosphäre, in der ihr euch wohlfühlt. Sport heißt nicht nur, große Schritte zu machen oder sich ans Limit zu bringen. Es sind die kontinuierlichen kleinen Schritte, die uns voranbringen, uns besser fühlen lassen. Darum geht es. Aktiv zu sein und etwas für sich selbst zu tun – da geht es nicht um Perfektion, sondern darum, es zu tun, auf eure Art und entsprechend eurer Tagesform.
Für mich ist es eine ganz große Leidenschaft geworden und ich würde mich sehr freuen, euch mit diesem Beitrag etwas motiviert zu haben, sich mit dem Thema Bewegung auseinanderzusetzen.
CED und Sport, das ist prinzipiell kein Widerspruch. Dennoch besteht hier viel Verunsicherung und vor allem ist Sport nicht gleich Sport. So individuell wie bei einer CED die Therapieauswahl getroffen werden sollte, so verhält es sich auch mit der Findung des optimalen Sportpensums – hierbei gilt es eure aktuelle Leistungsfähigkeit und Krankheitsaktivitäteinzuschätzen und demnach das optimale Maß an Bewegung in den Alltag zu integrieren.
Schaut gern mal auf meiner Seite vorbei [oder bei Chronisch Glücklich e.V.] und kommt bei Fragen auf mich zu!
Lieben Dank Elisa für diese Möglichkeit und entschuldige die lange Wartezeit, bei diesem Thema fällt es mir schwer mich kurzzufassen. 😊
Toller, motivierender Post! 💪🏻 Ich selbst habe viel über Ernährung erreicht (betreibe zum Thema einen eigenen Blog und bin auf Insta unter #bauchzufrieden zu finden), bin aber auch gerade wieder am Recherchieren und Entdecken WIE wichtig Sport eigentlich ist!! Durch einen ewigen Schub und zwei große OP’s habe ich zwischen 2018 und 2020 wahnsinnig an Muskelmasse abgebaut. Bei mir wirkt Cortison leider immer extrem katabol und ich hatte am Ende nur noch 38 kg bei 168cm Körpergröße! Eigentlich bin ich erst jetzt wieder an dem Punkt, an dem ich so richtig mit Kraftsport beginnen kann. Vorher nur Yoga und Spaziergänge mit dem Hund. Leider dauert es immer länger, je älter man wird, bis man wieder richtig auf dem Damm ist. Habe den Crohn seit 30 Jahren und werde nächstes Jahr 50. Früher war ich super sportlich und der Ehrgeiz hat mich jetzt wieder richtig gepackt. Trainiere täglich kurze Einheiten Bodyweight und habe mich jetzt auch an die Ringe gewagt. Wahnsinnig anstrengend! Und ich komme mir vor wie ein Waschlappen… aber ich bleibe dran!! 😊💪🏻💪🏻💪🏻
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Du bist eine Kämpferin. Danke, dass du das mit uns geteilt hast. Alles Liebe
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