Holland

Reiseziel: Es soll uns allen gut gehen.

Es bricht mir das Herz, als Reisende aus voller Überzeugung und Leidenschaft, das Reisen mit Sorge zu betrachten. Was ist nur geschehen mit mir? Alles eine Phase, will ich mir einreden und hoffen, dass es so ist.

Wir sind alle nicht fit. Ich war es seit Langem nicht mehr, meine Reserven sind eigentlich aufgebraucht und erholt oder leicht habe ich mich schon ewig nicht mehr gefühlt. Aktuell schleife ich einen dauerhaft kränklichen Körper in der Gegend umher, der sich nicht erholt. Aufzuzählen, wo die Probleme begründet sind, würde diesen Rahmen sprengen. Die Arbeit ist schon eine Weile kein „happy place“ mehr, sondern leider überschattet von vielen negativen Dingen. Fehlende Energie führt zu wenig Aktivität auf diesem Blog, zu keinem Sport obwohl er nötig wäre und zu wenig Freude am Alltag. Ein Kleinkind, sind wir ehrlich, ist eine Herausforderung für sich. Und gerade braucht unser kleines Wunder extrem viel Kraft für sich, sie zu unterstützen ist für mich und uns kräftezehrend. Besonders, wenn eigentlich kaum Kräfte zur Verfügung stehen. Alles eine Phase. Hoffentlich.

Ihr bekommt natürlich wieder einen ehrlichen Reisebericht, diesmal in Tagebuchform. Mal sehen, was für ein Reisefazit Familie K. am Ende ziehen kann. Wer weiß, ich derzeit sicher nicht – es ist ein Tag vor Abreise und fast noch gar nichts ist gepackt. Um für mich persönlich vor der Abreise Druck wegzunehmen, habe ich eine Tabelle zum Packen erstellt. Das Auto wurde die Tage mal geputzt, das Haus gestaubsaugt und eventuell Einkäufe für die Reise getätigt. Damit all das nicht in den letzten ein-zwei Tagen auf mir lastet. Das Navi hat seit Tagen alle Adressen eingespeichert und ich habe eine kleine Liste von Ausflugszielen nah unserer Basis parat. Obwohl wir kein All Inklusive Urlaub im Center Parc machen, werden wir zwar im Haus frühstücken und auch einfache Essen da haben, aber wir werden Essen gehen.

Tag 1

Wir frühstücken klein, die letzten Sachen werden gepackt und in dem ganzen Prozess fühle ich mich trotz Vorbereitung gestresst und überhitze – ergo fühle ich mich zur Abfahrt ziemlich eklig. Die ersten drei Stunden nach Frankfurt zu meiner Freundin vergehen schnell. Dort halten wir für einen frischen Teller voller Nudeln, eine Runde Tratsch und bisschen Bewegung für’s Kind. Noch mal drei Stunden hoch bis ins Sauerland, dem Zwischenstop vor’m eigentlich Urlaub. Wir laden unsere Sachen in der Ferienwohnung ab, Burger mit Fritten gibt es als Abendessen und zum Schluss entdecken wir einen schönen Spielplatz. Hier ist der Frühling schon auf dem Vormarsch, mein Körper findet das dieses Jahr mega und reagiert komplett über. Der Heuschnupfen lässt meine Augen feuerrot werden, dabei sehe ich aus wie ein Zombie. Ich improvisiere und kühle sie bis ich mit Lappen über den Augen einschlafe.

Tag 2

Es gibt Müsli in der Ferienwohnung – das ist erst seit Neuem beliebt beim Kind. Bevor wir uns alle mit Teilen meiner Familie treffen, haben wir dank Frühaufsteherkind genügend Zeit, um in einer Apotheke Tabletten und Augentropfen für mich zu besorgen. Und wo wir schon dabei sind, gibt es noch Hausschuhe für meinen Mann (denn die stehen schön Zuhause). Der Tag, an dem ich mich als geliebte Nichte fühlen darf, ist wundervoll. Wir brunchen und besuchen die örtliche Ruine, bis uns der Regen einholt. Danach machen wir es uns drinnen gemütlich bei Kaffee, Sekt und später Pizza. Am späten Nachmittag machen wir uns auf in eine neue Unterkunft. Der Plan, noch Freunde in der Gegend zu besuchen, musste wegen Krankheit abgesagt werden. Deswegen habe ich erst vor ein paar Tagen unseren Plan zu aktualisieren versucht. Unsere Unterkunft ist gut, aber schon wieder ist das WLAN eine Katastrophe. Ziemlich nervig.

Tag 3

Die Heuschnupfen-Tabletten und -Tropfen helfen mir. Nach dem Frühstück schauen wir bisschen Fern und machen langsam, wir haben schließlich keine Termine und sind unter uns. Wir machen trotz dichtem Nebel eine Wanderung am See zu einem Aussichtsturm ohne Aussicht, einfach zum Rauskommen. Wer die Schilder nicht richtig lesen kann, kommt vom Weg ab und muss sich halt abenteuerlich über Bäume und durch Matsch kämpfen. Dem Kind gefällt’s, aber weder Kind noch Mama wollen auf den wackeligen Turm und deswegen gibt es ein Gummibär-Picknick. Zurück im Warmen wird gemalt und ausgeruht. Nach einem Wetterberichtcheck geht es zur Staumauer, die durch massive Ansammlung von Mücken unpässlich ist. Die Seerundfahrt mit Snack ist nett aber nicht mehr, am Spektakulärsten ist wohl das Anlegen des flachen Schiffes ohne Steg und der Kuchen mit Windbeuteln. Zum Abendessen stoppen wir spontan in einem Lokal, das im Sommer wohl ein it-Spot sein muss und genießen leckeres Essen. Dann ist der Tag rum.


Und dann habe ich so einen Moment. Fakt ist, mein Beutel ist voll. Ich gehe Richtung Klo, bereit dazu, den Wechsel in einer normalen Kabine zu machen. Nicht bequem, aber möglich. Auf dem Weg dorthin, sichtbar von der Bar und für Teile der Gäste, das Behindertenklo. Und tatsächlich bleibe ich ungeplant stehen, nachdenklich und zugleich besorgt, jemand könnte mich dabei beobachten und eine Frage dreht Kreise in meinem Kopf: „Bin ich behindert genug?“ … und die Antwort ist eindeutig! Dass ich mich ernsthaft ertappe, zu zweifeln und meine Bedürfnisse klein zu denken, macht mich kurz traurig. Ich gehe auf das Behindertenklo und mache einen frischen Beutel dran. Als ich mich zum Verlassen des Raumes bereit mache, wappne ich mich mit Mut und schlagfertigen Sätzen. Falls mich jemand sieht und blöd reagiert, gar anzweifelt, dass ich überhaupt behindert bin. Jemand, der ein Recht auf dieses Behindertenklo hat, traut sich nicht, dieses ohne Hintergedanken und Sorge zu benutzen. Ein fast trauriger Zustand.

Tag 4

Heute beginnt der „eigentliche“ Urlaub – etwas ganz Neues sehen, in ein anderes Land fahren, die Welt weiter entdecken. Holland. Ein kleines Frühstück und schon sind alle sieben Sachen wieder im Auto, wir fahren zwei Stunden bis zu einem über 100 Jahre alten Zoo in Arnhem. In vier Stunden erkunden wir fast alle Ecken und es ist wirklich schön hier. Zu unserem 1-Meter-Gerald, der Giraffe aus dem Dresdner Zoo, gibt es nun 1-Meter-Jochen, den Rochen. Ist doch klar. Dann die restliche Autofahrt mit zwei Stunden, endlich am Ziel: Center Parcs Zandvoort. Wir fahren zwei Runden, bis wir das letzte Haus mitten im Park finden. Wir sind alle ein bisschen gestresst und dünnhäutig. Direkter Nachbar der Anlage leider eine Rennstrecke, das Dauergeräusch wir uns bis zur Abreise wohl unangenehm auffallen. Wir sind körperlich angekommen, an das neue Konzept müssen wir uns gewöhnen und im Kopf ankommen.

Tag 5

Erst mal wird ausgepackt, alles findet seinen Platz im Bungalow mit zwei Schlafzimmer, eines davon für mich und die Kleine mit dem Bett an der Wand – damit sie nicht rausfällt. Wir gehen Lebensmittel einkaufen und am Liebsten will ich den ganzen Wagen vollmachen. Ich mag das in der Fremde. Danach gehen wir im Parc ins Schwimmbad, das ausreichend ist für uns drei. Es ist nicht zu voll, aber wenn ich hier die Frauen sehe, kann ich nur Komplexe entwickeln. Ich denke die ganze Zeit nur, dass ich eine von diesen Müttern geworden bin, die unförmig und nicht schön aussieht. Hier stürmt es ganz arg draußen, wir packen die Kleine immer gut ein und trotzdem ist es dadurch etwas ungemütlich. Am Nachmittag geht es zum ersten Mal an den Strand und ich bin glücklich. Das macht das Meer mit mir. Ich sammle viele Muscheln und fühle mich dabei at peace. Danach besuchen wir zum ersten Mal den Indoor Spielplatz, der für die Kleine echt toll ist. Wir lassen den Tag ruhig ausklingen – ich habe zwar den Heuschnupfen unter Kontrolle, aber mit der Pille eine Zwischenblutung und schaffe den Tag nur mit Schmerztabletten.

Tag 6

Die Zwischenblutung hält weiter an, also fange ich schon morgens mit Schmerzmitteln an. Wir frühstücken Müsli und machen uns fertig für einen Ausflug in den schönsten Garten Europas mit Tulpen ohne Ende. Ich bin kein Blumennarr, aber dieser Anblick ist einfach hübsch. Die Windmühle vor Ort ist dann das Highlight für die Kleine, die selbst schon ein Windrad super findet. Grad ganz schön herausfordernd für mich, die immer die Tasche für unterwegs packt: Kind hat ständig Hunger. Das führt auch immer wieder zu mieser Laune. Übrigens interessante Fakten: In den Niederlanden ist das Seepferdchen nicht anerkannt, aber alle – auch Kinder – scheinen ohne Helm Fahrrad zu fahren. Ein ganz komischer Anblick. Heute gibt es einen Mittagsschlaf für alle. Am Nachmittag halten wir uns wieder am Strand auf, sogar mit Sonnencreme und barfuß. Die Ebbe zieht das Wasser zurück, es wird gesandelt und ich suche noch mehr Muscheln auf allen Vieren (mir egal, was andere denken, ich bin happy – eine Frau spricht mich sogar an, dass ich sie an ihre Schwester erinnere, die auch gerne Muscheln sucht und steuert ein paar Muscheln bei, die sie selbst gefunden hat. Einfach eine schöne zwischenmenschliche Begegnung). Der Strand und das Meer tun gut, ganz ohne Schwimmen. Am Abend schlafe ich früh ein, wie die letzten Tage.

Tag 7

Wir starten generell entspannt in den Tag und checken das Wetter, schließlich ist es April. Heute geht es in die Nr. 1 Touristenattraktion des Landes: das Freilichtmuseum Zaanse Schanse. Es windet heftig, die Windmühlen sind absolut herrlich für das Kind, das mit ihrem Laufrad daran vorbei spurtet. Niedlich hier, mit all den Kanälen und Holzschuhen, die heutzutage glaube ich niemand mehr trägt. Als der Regen einsetzt, flüchten wir ins Pancake House zum Essen, Aufwärmen und Malen. Auf dem Weg zurück in den Parc wird mir klar, dass ich wirklich kein Niederländisch verstehe. Schaufenster machen keinen Sinn und wenn ich Leute reden höre, verstehe ich nur Bahnhof. Die gestern gekauften Postkarten werden geschrieben und versendet. Danach ist Spielplatz-Hopping draußen und drinnen angesagt, die gegebene Infrastruktur ist super dafür. Erneut ist drinnen nicht überfüllt, es ist sehr angenehm. Am Abend fühle ich mich platt – neben der Zwischenblutung habe ich nun auch noch Durchfall. Das macht keinen Spaß und ist auch nicht angenehm, hält mich wach.

Tag 8

Erst länger wach, dafür heute morgen länger geschlafen. Schön. Ein weiterer und letzter Ausflug wartet heute, das Naturkunde-Museum in Leiden … weil mein Mann und ich gerne in solche Museen gehen und weil es Kindgerecht sein soll. Was ich gelesen hatte bewahrheitete sich und ein Kleinkind an unserer Hand war interessiert und mitgerissen vom Angebot und Dino-Skeletten (und Mama fand es auch toll)! Auf dem Weg zurück in den Parc noch mal Einkaufen, u.a. ein paar Waffeln als Mitbringsel. Wir drei sind es nicht gewohnt, so viele Tage so viel zu Dritt miteinander zu tun. Manchmal klappt es gut, manchmal nicht. So ist das halt. Am Nachmittag gibt es wieder das altbewährte Spielplatz-Hopping und im Zuge dessen darf ich erfahren, wie es ist, vor Freude über Freude des eigenen Kindes weinen zu wollen. Sie hatte nach all den Tagen eine kleine Freundschaft geschlossen und ich war so stolz und überglücklich über das Lachen von Ohr zu Ohr auf ihrem kleinen Gesicht. Ich möchte jetzt beim Schreiben wieder weinen, so unbeschreiblich war das. Am Abend hagelt es, der Sturm lässt jedoch nach. Nach dem Einschlafen an einem anstrengenden Tag hat die Kleine starke Schweißausbrüche und ich wieder schlimmen Durchfall. Schöne Scheiße.

Tag 9

Liebes Frühaufsteherkind, du bleibst dir auch im Urlaub treu… Fast jeden Tag muss ich sie noch ein bisschen länger vertrösten, bis sie Papa um 6 Uhr wecken darf. Eigentlich wollten wir heute den berühmten Blumenkorso besuchen, eine Parade von Blumengeschmückten Fahrzeugen, die den ganzen Tag unterwegs sind – aber das fällt Wortwörtlich ins Wasser. Über den Tag hinweg packe ich immer wieder ein kleines Stückchen zusammen, zwischendurch wenn es passt. Wir gehen ins Schwimmbad zum Plantschen und rutschen, einmal Gefallen daran gefunden, will sie gar nicht mehr aufhören. Als Abschiedsgeschenk gibt es noch ein Glitzertattoo auf den Arm, welches stolz in der Kita präsentiert werden kann. Ein letztes Mal geht es natürlich zum großen Spielplatz drinnen, denn draußen regnet es und es macht so viel Spaß dort. Der letzte Tag ist wieder holprig, so wie im letzten Urlaub. Als wäre er zu viel irgendwie. Wir schließen ab mit lecker Fritten, Koffer packen und schwer zu kontrollierendem Durchfall meinerseits. Noch einmal schlafen…

Tag 10

Nach einer letzten und leider schlechten Nacht sind wir ziemlich reif für Zuhause, seit Tagen hat unsere Kleine auch Heimweh. Ganz normal. Wir sind schon immer gern weg gewesen, aber wir sind auch immer wieder gern zurück. Das ist die Kunst. LKW freie Straßen mit fast keinem Stau führen zu guten 8 Stunden Fahrtzeit plus zwei Pausen mit 30 Minuten – mit Kreide malen wir Inseln, von den wir hüpfen müssen. Für 3,5 macht es unser Mädchen wirklich gut so lange im Auto. Auf der Straße haben wir uns inzwischen so gut organisiert wie es nur geht: mein Mann ist der bessere Beifahrer und ich habe kein Problem damit, zu fahren. Ich muss gestehen, dass mir das nach hinten drehen zum Kindersitz wegen Essen, Trinken oder runtergefallenen Spielsachen mir ziemlich auf den Bauch geht und so bin ich für diese Aufteilung wirklich dankbar. Schon vor Tagen haben wir mal geredet, ob wir die Idee mit dem Center Parc weiterempfehlen würden. Die Geräuschkulisse der Rennstrecke ist ein großes Manko. Als Sommerurlaub alleine im Parc nicht direkt am Strand finden wir nicht gut. Der Parc als Basis für die Zwischensaison Frühling/Herbst mit Ausflügen und ruhigeren Zeiten mit der Parc-Struktur zur richtigen Woche ohne Höchstpreise = positive Empfehlung

Reisefazit: Es ging uns allen ein bisschen gut.

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