
Antwort: Kontrolle abgeben und planlos spontan einfach loslegen. Warum würde man das behaupten? Weil es so ist. Hallo, mein Name ist Elisa und ich bin eine bekennende Kontrollfanatikerin. Puh, jetzt ist es raus. Überraschen tut das jedoch keinen. „Das sickert so durch“, heißt es. Bisher bin ich mit dieser Eigenschaft schon reichlich angeeckt, aber auch ziemlich weit gekommen. Folgender Artikel soll mein Kontrollbedürfnis und meinen Gedankenprozess dahinter etwas verständlicher machen. Warum bin ich also so?

Ja, es ist wahr. Ich besitze schon jetzt einen Kalender für das kommende Jahr. Ich liebe Kalender und Listen, das Planen von Dingen und die Vorfreude darauf. Nicht weniger liebe ich die Umsetzung der Pläne und das Leben an sich – also denkt jetzt nicht an den Spruch
„Leben ist das was passiert, während du Pläne machst“… Was bedeutet Kontrolle für mich? Ich gebe gerne vor, was wie wo gemacht wird. Nicht, weil ich generell alles besser weiß bzw. bestimmen will oder gar eine egoistische Kuh bin. Anders gesagt ist es so: Ich weiß gerne im Voraus, was mich erwartet. Das ist der Kern meines Kontrollbedürfnisses. Gebe ich also nicht den Ton an, sammle ich zuvor gerne sehr viel Information darüber. Das ermöglicht mir, mich darauf vorzubereiten, auch wenn ich nicht die Entscheidende bin. Damit ich erahnen kann, was mich erwartet. Viele glauben, ich bestimme gern um des Bestimmens Willen. Dabei weiß ich einfach nur am Besten, was ich schaffe. Generell habe ich gerne den großen Überblick und wenn ich mal selbst einen Plan gefasst habe, bin ich sehr sehr schwer von einer anderen Idee zu überzeugen. Denn ich habe mich vorbereitet auf das, was kommt.
Ich kenne mich nicht mehr anders als genau so, auch wenn ich mich sehr dunkel daran erinnere, in meiner Jugend nicht so extrem gewesen zu sein. Aber der Apfel fällt ja bekanntlich nicht weit vom Stamm. Früher haben wir oft die Olsenbande angesehen, also meine Oma, meine Mutter und ich. Es geht um drei Gauner, die eher unerfolgreich durch’s Leben stolpern. Denn nur einer scheint bei Verstand zu sein, nämlich Egon. Egon plant. Und so hatte es sich früher bei uns zu einer Art Insider entwickelt, dass wir beim Pläne schmieden für einen gemeinsamen Tag einander mit Egon ansprachen. Damals fand ich das unschuldig und saukomisch. Inzwischen weiß ich von mir selbst sowie von den Generationen über mir, dass wir Probleme haben, wenn wir mit Kontrollverlust konfrontiert werden. Warum die anderen das Bedürfnis haben, weiß ich nicht. Wie zuvor erwähnt, hat sich mein Kontrollbedürfnis beim Erwachsenwerden bzw. beim Auszug ins eigene Leben zu dem entwickelt, was es jetzt ist. Und das ist leider deckungsgleich mit meiner Morbus Crohn Diagnose. Eine chronische Krankheit, die einem zu den normalen Herausforderungen viele weitere solcher vor den Latz knallt. Eine Kontrolle über diese unberechenbare Erkrankung ist nicht möglich, Beeinflussung ja, Kontrolle nein. In den letzten 12 Jahren wurde jeder Aspekt meines Lebens immer wieder mehr oder weniger negativ davon beeinflusst. Ich kann nur lernen, viel über die Krankheit wissen und mich selbst kennen, um Ahnung zusammen zu kratzen, was mich erwartet. Manchmal finde ich, sitzen meine körperliche und geistige Gesundheit zusammen in einer heftigen Achterbahn, die ich noch nie gefahren bin und mit deren Auswirkung ich Schlag auf Schlag fertig werden muss. Das klappt so nicht, besonders, weil ich in diese Achterbahn gar nicht einsteigen wollte. Ich will aussteigen, habe aber keine Möglichkeit. Wenn also der Körper, in dem ich oftmals wie gefangen bin, macht, was er will – wie versuche ich dann mit den Herausforderungen des Lebens klar zu kommen? Mit Kontrolle über die Dinge, über die ich wenigstens ansatzweise Kontrolle besitze. Verstehen muss das jemand außerhalb meines Körpers nicht – aber akzeptieren und respektieren, dass es so ist. Dass ich umgänglicher, glücklicher und zufrieden bin, wenn ich so sein kann, wie ich bin. Und was hat dieses Vorbereiten auf Erwartetes noch mit chronisch krank sein zu tun? Jede Aufgabe und jede Tätigkeit kostet Energie. Ich habe nicht für alles genug Energie. Das habe ich schon oft immer wieder schmerzhaft feststellen müssen. Das ist ein wichtiger Punkt, den andere verstehen müssen: manchmal ist der Akku morgens schon eher leer als voll. Auch schon vor dem Baby, wohlgemerkt. Wie soll man da alles locker über den Tag schaffen, wenn mittags im übertragenden Sinne schon die Warnleuchte angeht? Zu viele Energiefresser auf einmal legen mich lahm und ziehen Konsequenzen nach sich. Und ja, einfachste Dinge fressen Energie. Würdest du, der das hier gerade liest, dann nicht lieber wissen, was so auf dich zukommt, um böse Konsequenzen zu vermeiden und dir genug Pausen einzuplanen, um Energie zu tanken? Herzlich willkommen in meiner Welt!
Natürlich kann man sich nicht auf alles vorbereiten, ich leide ganz sicher nicht an Realitätsverlust. Inzwischen ist mir auch sehr speziell bewusst, dass ich andere Menschen nicht ändern kann – sondern nur meine Reaktion auf sie. Ich weiß sehr wohl, dass ich sehr Vieles nicht kontrolliert werden kann und Kontrolle über etwas Kleines in einer so vielfältigen, großen und sich ständig ändernden Welt eher einer verrückten Illusion gleicht als einer reellen Chance. Ich weiß das.

Auf dieser Buchseite von Paulo Coelho steht für mich etwas von großer Bedeutung. Wissen zu wollen, was passiert, hat Vor- und Nachteile. Gute Dinge kommen und man verspürt die Vorfreude, bevor es passiert. Schade ist es, wenn man von guten Dingen ausgeht, diese dann aber ausbleiben. Wenig Erwartungen an Situationen und andere zu haben, hilft leider bei der Schadensbegrenzung. Ist aber kein schönes Mindset und führt eher zu anderen Problemen. Schlechte Dinge kommen und man leidet schon davor sowie währenddessen und danach. Sich Sorgen zu machen bedeutet somit, mindestens zweimal zu leiden. Sich dauerhaft zu sorgen lässt einen sogar schlechte Dinge suchen, wo keine sind. Auch kein gutes Mindset also. Ich kenne all diese Gedankengänge, ich kenne sie zu gut und mag das kaum zugeben. Und sie sind alles schwierig und beinhalten Stolperfallen und Rattenschwänze. Aber ohne Plan und Vorwissen in alles hineinzustolpern wäre für mich gleichzusetzen mit dem Leben als Crashtest-Dummie … nämlich ständig auf Kollision und Schaden aus. Ich will einfach nur wertfrei wissen, was passiert, um mich darauf vorzubereiten – mag es sein, wie es will.

Herrin der Lage – schön wär’s. Ich bin, wie ich bin. Ich war es schon immer irgendwie und werde es auch immer in gewisser Weise bleiben. Weil es mir hilft. So einfach ist das. Jedoch versuche ich immer wieder, etwas spontaner zu werden, lockerer mit Änderungen umzugehen und die Dinge so zu nehmen, wie sie passieren ohne viel zu hinterfragen. Wohl ein lebenslanger Prozess. Seit über neun Monaten habe ich hierfür meinen ganz persönlichen in meinem Zuhause wohnenden Personal Trainer: meine Tochter. Einfach, weil Kinder sich nach ihrer eigenen Zeit entwickeln und ihr Mitwirken im Alltag nicht jeden Tag gleich ist. Ein Baby stellt gefühlt jeden kontrollierten Vorgang auf den Kopf. Geplante Zeiten sind neuerdings etwaige Richtwerte und von Konstanten kann eher selten die Rede sein. Jemand sagte kürzlich, dass man davon ausging, dass mich der Alltag mit Baby mehr aus dem Konzept bringt. Und da war ich dann etwas stolz – bin also doch kein hoffnungsloser Fall!
Motto für die Zukunft
Glück ist, wenn Vorbereitung auf Gelegenheit trifft
Je öfter ich diesen Satz lese, desto mehr macht er für mich ganz persönlich Sinn. Wenn Kontrolle eine Illusion ist, kann ich wohl gleich von Glück sprechen. Also mache ich das, was ich gut kann: planen, organisieren, recherchieren – in einem einigermaßen gesunden und mir hilfreichen Maß. Mit dem daraus entstandenen Wissen und der Sicherheit bin ich vorbereitet, um auf ein paar mögliche Gelegenheiten besser reagieren zu können. Das ist nichts anderes, als mit viel Aufmerksamkeit und vorausschauendem Denken durch’s Leben zu gehen. Und das klingt eigentlich wie ein ganz guter Plan!