Nägelkauen

Solange ich zurückdenken kann, habe ich an meinen Nägeln gekaut. In meiner Kindheit und leider weiterhin als erwachsene Frau. Davon habe ich natürlich hier direkt kein Bild. Aber von meiner Hand, nachdem ich endlich einen Weg gefunden hatte, das Nägelkauen zu minimieren. Natürlich passierte das nicht einfach so, deshalb hier ein paar Worte zu meiner Geschichte bis heute. Weil ich die letzten Monate wieder gemerkt habe, dass ich letztes Jahr auf dem richtigen Weg war und diesen durch Krankheit völlig vernachlässigt hatte. Der entsprechende Rückfall war für mich gar erschreckend. Spoiler Alert für weiter unten im Text: Rückfälle kommen regelmäßig, sobald ich die Selbstfürsorge nur kurz unterbreche.

In der Fachsprache nennt man es Onychophagie – exzessives Nägelkauen und Nagelhautbeißen bis zum Bluten, entzündeten Fingerkuppen und mehr (nicht gleichzusetzen mit gelegentlichem Kauen oder Hautzupfen!!). Etwa jeder sechste Erwachsene ist von dieser nervösen Angewohnheit betroffen, hinter der auch mehr stecken kann – aber nicht muss. Meistens ist das Nägelkauen nur ein Ventil für Stress, Langeweile und Konflikte. Jedoch kann dahinter ebenso ein negatives Selbstbild, ein ausgeprägter Perfektionismus oder versteckte Sehnsüchte stecken. Die Betroffenen leiden unter dem Zwang, dem Schmerz durch die Wunden und den Reaktionen auf ihr äußeres Erscheinungsbild. Was auf mich tatsächlich zutrifft, spielt keine Rolle. Über die Jahre sahen meine Nägel zeitweise zugerichtet aus, die Finger wund, hässlich. Sie ließen mich schwach wirken und ich fühle mich unattraktiv. Ich mochte nicht, was der Zwang mit mir machte.

Welcher Weg mich zum Erfolg geführt hat, seht ihr hier inzwischen: Her mit der Farbe! Dies ist wohl einer von vielen Tipps und Tricks aus dem Netz – nicht, dass ich es deswegen gemacht habe. In der Vergangenheit habe ich schon andere Dinge versucht bzw. es wurden andere Dinge mit mir versucht. Bitterlack war zum Beispiel absolut sinnlos, Ringe zur Ablenkung zu tragen ebenso und die Feile immer dabei zu haben hat auch nicht ausgereicht. Erst im Zuge dieses Beitrags laß ich darüber, den Bewegungsimpuls aktiv umzulenken, wenn er bereits ausgeführt werden will – in Sackgassen, die keinen Schaden anrichten. Zum Beispiel, den Finger nicht zum Mund zu führen, sondern an’s Ohrläppchen, um dieses zu reiben. Oder statt die Nagelhaut einzureißen, Daumen und Zeigefinger aneinander zu reiben. Oder diese ganzen Picking Gadgets online. Probiert habe ich das selbst nie. Ich wollte etwas versuchen, was mir ein starkes sowie weibliches Gefühl zurückgibt und dann gleichzeitig den Zwang in den Hintergrund drängt.

Ich wollte etwas machen, das von mir Zeit und Konzentration abverlangt. Etwas, dass ich mir nicht selbst wieder zerstören wollte. Es sollte nicht umsonst sein, diese Motivation war und ist meistens Beißhemmung genug. Mit der richtigen Farbwahl habe ich es tatsächlich über lange Zeit hinweg geschafft, dem Zwang zu zeigen, dass ich stärker bin. Bis auf die Zeit, in der ich letztes Jahr so krank war – trage mal zitternd Lack auf, ich sage, es ist Frustration pur. Unter viel Kortison funktioniert es auch nicht gut, weil die Haut und Nägel bei mir sehr schlecht werden. Gott sei Dank ist das inzwischen nicht mehr so. Da ich mir die Nägel selbst lackiere, kann ich es Tage später bei Unfällen selbst korrigieren, also ist auch da weniger Druck vorhanden, falls es mal nicht so gut läuft, und ich habe dabei sogar ein bisschen me-time. Ganz ideal war Lackieren trotz der vielen Erfolge für mich nicht.

Ich habe wieder angeknüpft an vorherige Erfolge des letzten Jahres, ich gebe nicht auf. Diese Hände geben mir ein starkes Gefühl. Ich dachte lange, dass ich persönlich niemals in irgendeiner Form zum „Handmodel“ geeignet wäre. Viele Narben, krumme Finger, trockene Haut, Flecken und Falten sowie als Krönung noch abgefressene Nägel und blutige Wunden. Aber nun schaut. Ich = stolz wie Oskar. 

Die Texte des Beitrags wurde Anfang 2023 geschrieben, das folgende Bild mit Text ist von Anfang 2025. Denn es bleibt stets ein aktuelles Thema, um das ich mich kümmern muss.

… weil ich meine Selbstfürsorge vernachlässigt habe, für wenige stressige Tage. Bäm. Mehr als die Hälfte der Finger sind verletzt, die Nagelhaut schwer gerissen oder gar mit richtigen Wunden. Ich habe mich ziemlich verbissen. Mir tun die Finger im Ruhezustand weh. Um nirgends hängen zu bleiben, trage ich teils Pflaster und versuche mit Zink- und Kortisoncreme der Entzündung entgegenzuwirken und die Heilung zu begünstigen.

Wie sieht meine Selbstfürsorge heute eigentlich aus, wenn ich es nicht unterbreche? Es ist für mich ein wichtiger Faktor, dass ich in kein Studio gehen muss – es geht um Zeit, Geld und meine Selbstständigkeit sowie Flexibilität. Dazu muss ich sagen, dass ich es nicht mag, wie Maniküre gemacht wird in Bezug auf die Nagelhaut und dass man bei Gel die Nägel danach richtig abtragen muss. Außerdem brauch ich keine langen Nägel und den ganzen Schnickschnack. Die Sache mit den Folien Daheim, inzwischen nicht mehr mit Überlack, sondern mit UV, fühlt sich für mich im Gegensatz zum Studio total richtig an – so ist meine Sammlung schnell größer geworden, als ursprünglich beabsichtigt. Grautöne, Brauntöne, … das waren meine ersten Versuche. Tatsächlich umfasst meine Sammlung nun bereits einfarbige Folien in grün, gelb und rosa. Sogar welche, die glitzern. Glitzern! Ahhhhh! Ich bin mutiger und probiere aus – probiere, ob mir die Farben gefallen und was für ein Gefühl sie mir geben. Ich schminke mich nicht gerne und bin nicht so ein Mädchen-Mädchen, aber die Sache mit den Nägel für mich wirklich wichtig geworden. Oft lande ich doch auf meiner Lieblingsfarbe Schwarz. 

Love your nails, heißt es hier. Ich sage, love your nails and yourself. Meine mit Folie verschönerten Nägel geben mir ein weibliches Gefühl, ein starkes Gefühl, ein selbstbewusstes Gefühl. Es lässt mich lächeln und gibt mir Glücksgefühle. Einfach, weil ich mich schöner fühle. Hier kann ich mich inzwischen ausdrücken und experimentieren. Egal, wie viel ich wiege. Egal, wie ich mich mental fühle. Egal, mit was ich gerade struggle. Zuvor hätte ich nie gedacht, dass ich mich mit einem Beauty-Produkt identifizieren könnte. Aber dieses kleine Stück Folie tut so viel für mich. Was tut das Produkt für mich in der Anwendung? Aus 16 Euro bekomme ich mindestens 3 reine Looks und Reste für gemischte Looks, bedeutet 16 Euro ohne Rabatt oder Aktionen wohlgemerkt reichen mindestens 4 Wochen. Zwischen den alten und neuen Folien lasse ich inzwischen einen Tag frei für Nagelöl aus der Drogerie. Und um genießen zu können, wie toll mein natürlicher Nagel heutzutage aussieht. Dann muss wieder Folie drauf, sonst ist das Vernachlässigung. Wenige Tage, wie aktuell wieder unter Beweis gestellt, reichen für die Eskalation. Das Aufbringen der Folie braucht etwa 20 Minuten bei mir. Am Anfang war das Aufbringen ungewohnt und ich brauchte ein paar Anläufe – in der Zwischenzeit muss ich mich aber gar nicht mehr arg konzentrieren. Ich weiß, welche Folie der Größe nach auf welchen Nagel muss. Eine Folie wird mittig geteilt und reicht eben für die linke und rechte Hand, weil ich kurze runde Nägel habe. Man legt sie auf, streicht darüber und fährt mit dem Finger über die Nagelrand samt Folie. Dann wird fleißig gefeilt, von oben nach unten, damit sich die überschüssige Folie löst. Wenn sie drauf sind, gibt es kein Absplittern oder Dallen wie bei normalem Lack. Die Folien lösen sich im Alltag mit Putzen, Duschen, Creme oder Ähnlichem nicht ab! Abmachen ist dann sehr einfach, an beliebigem Rand den Fingernagel drunter schieben und abziehen, mit Nagellackentferner die Klebereste wegwischen. 

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