
Reisen mit Kind würde anders werden. Das war mir durchaus bewusst, im Voraus. Wie genau anders, das merkt man nun natürlich erst. Es ist eine andere Art des Reisens, denn man erkundet die Welt nicht durch die eigenen Augen, sondern durch die seines unschuldigen und zarten Kindes. Wir pausieren unterschiedliche Dinge – wir machen keine reinen Städtetrips mehr, bei denen man täglich 20 Kilometer läuft, ohne es zu merken. Wir machen keine Roadtrips mit 2000 Kilometer mehr, weil das einfach momentan zu viel ist für drei Leute. Der Versuch ist es, unsere offene Art des Reisen immer wieder in kleinen Schritten mit Kind auszuleben. Wir machen die nächsten Jahre Europa unsicher. Ein wunderschönes und diverses Europa, dass in vier Jahreszeiten und mit zahlreichen Kulturen so viel zu bieten hat. Nicht nur, dass wir in Europa bleiben – das Ziel ist es, es uns allen gleichermaßen recht zu machen, in kleinen Schritten. Damit jeder etwas erlebt und jeder auch entspannt sein kann. Das geht nur, wenn man etwas langsamer macht.

Uns allen recht machen klingt wie hässlicher Kompromiss, so ist das nicht gemeint. Es soll allen gut gehen, deswegen haben wir zum ersten Mal ein Familotel ausprobiert. Der Gedanke dahinter ist simpel – eine gute und beständige Basis für Ausflüge, nicht putzen, nicht kochen. Kein Wecker. Eine Unterkunft, in der Kinder sich willkommen fühlen. Happy Wife, Happy Life war gestern. Sind wir ehrlich, wenn das Kind glücklich ist, sind es die Eltern auch.
Das Familotel war ein Versuch, wir hatten keine eigenen Erfahrungen damit. Günstig ist es nicht, aber unter uns gesprochen – nach unserem Aufenthalt dort – war es jeden Euro wert. Erst recht, wenn wir die inkludierte Sommerkarte mitrechnen. Mehrere Hundert Euro bei Eintritten dadurch gespart. Einfach so. Das Hotel war immer ordentlich und sauber, ausgerichtet auf Kinder, die immer mehr Dreck machen. Die Infrastruktur im Hotel einfach super – eigenes Schwimmbad mit Rutsche und Kinderbecken mit Spielzeug, eine Kletterhöhle, Kinderprogramm, Möbel für Kinder und viele Gegenstände in Kindergröße, gut ausgestattetes Spielzimmer und einen Spielplatz. Alle Mitarbeiter waren immer lieb, zu den Eltern als auch zu den Kindern. Selbst, wenn die mal einen schlechten Tag haben. Passiert. Das Essen war jeden Tag zu allen Mahlzeiten einfach mega, das ein oder andere Bier in der Bar, während die Kleine auf dem Tablet in Ruhe Peppa guckt, auch lecker. Unsere kleine Maus und ich haben uns im Kinderzimmer ein Matratzenlager gebaut und darauf die Nächte verbracht. Obwohl es also ziemlich ideal war, brauchten wir die ersten Tage zu Dritt wirklich, um Anzukommen. Das war nicht ganz so einfach, eher holprig und anstrengend. Aber irgendwann waren wir angekommen – im neuen Rhythmus, am neuen Ort, bei uns als Familie.



Mit dem Mittagsschlaf als tägliche Ruhephase für uns alle, waren die Vor- und Nachmittage für Ausflüge und Abenteuer frei. Ich bin ja wirklich ein Freund des Nordens, aber die Region von Zell am See hat mir und uns wirklich gefallen. Die Berge, die Natur generell, die Aussichten und die Luft, das Wasser. Die fehlenden Menschenmassen am frühen Morgen (Frühaufsteherkind) bzw. generell in der Zwischensaison war ganz nach meinem Geschmack. Sehr schön hier!
Mit meiner Höhenangst gelange ich auf Reisen immer wieder an Grenzen – hohe Türme oder Aussichtspunkte, Geländer zum Durchgucken oder Holzgerüste, durch die man sehen kann. Wie in den Klamms, die wir besucht haben. Die Kleine in die Kraxe bei meinem Mann und los geht’s. Trotz Helm und der Lautstärke, hat sie das gut gemacht. Die große Geduld hat sie natürlich noch nicht, welches Kind hat das auch. Deswegen gibt es auch nur wenige Fotos – mit mehr Zeit hätten mein Mann und ich ewig Fotos gemacht, wie früher. Nun gibt es weniger Bilder, aber gemeinsame Erinnerungen mit einem kleinen Mini-Me.
Was mich persönlich total umgehauen hat, waren die Eindrücke beim Abenteuer „Top of Salzburg“ – ich war noch nie auf 3000 Meter und der Ausblick war einfach umwerfend. Ich meine, das sind Bilder, wie man sie aus dem Fernseher kennt. Es mit eigenen Augen zu sehen, war unglaublich. Die Gondelfahrerei war für mich definitiv nicht entspannend, für unsere fast Dreijährige anscheinend schon. Hat sie ganz toll gemacht. Gerade als wir ganz oben ankamen, schwebte ein Helikopter über der Bergstation. So eine Gänsehaut hatte ich selten, er war zum Greifen nah und das Geräusch der Rotorblätter ging durch meinen ganzen Körper. Für die kleine Ohren selbstverständlich viel zu laut. Mal kurz auf einen Dreitausender hoch und zurück, total schwer, das in Worte zu fassen. Ich war baff. So sehr, dass ich einen Videoanruf mit einer meiner besten Freundinnen machte, um ihr ein paar Glücksgefühle anzugeben.



Überhaupt nicht zu vergessen ist auch unser Ausflug zu den Hochgebirgsstauseen Kaprun. In aller Frühe, Parkplatzsuche in einem Parkhaus „am Ende der Straße“, fast wie ein Lost Place. Auf nicht öffentlichen Straßen mit Bussen und in Europa’s größtem Schrägaufzug wird man auf 2000 Meter befördert. Bei der Ankunft liegen die Seen noch im Schatten, beeindruckend sind sie so oder so. Mit jeder weiteren Minute kommen die Sonnenstrahlen näher, ewig hätten wir zusehen und diese wunderschöne, aber auch unrealistisch erscheinende Kulisse auf uns wirken lassen können. Aussichten, die einen sprachlos machen mit einem kleinen Wesen an der Seite, dass alle Eindrücke einfach nur aufsaugt.




Eine wunderschöne Sache ist in diesem Urlaub noch passiert – wir haben eine andere Familie kennengelernt. Solch Urlaubsbekanntschaften sind ja so eine Sache, aber in dieser Art hatte ich das noch nie. Im schrecklichen Hallenbad im Ort haben wir uns zum ersten Mal gesehen und die Nummern ausgetauscht. Drei Tage später bewusst im schönen Tierpark verabredet und den ersten Eindruck bestätigt – eine tolle Chemie zwischen den Frauen und allen insgesamt. Liebe tolle Menschen, mit denen wir nach der Rückkehr in den Alltag schon das nächste Wiedersehen geplant haben.
Reisende Menschen sind glückliche Menschen …

