Die Menschen müssen es gar nicht aussprechen. Blicke reichen schon aus. Das hatten wir alle schon, die wir unsichtbar chronisch krank sind. Ich bin seit 14 Jahren unsichtbar chronisch krank. Mit einer ernsten Darmkrankheit, für die ich Medikamente nehmen muss, die mich äußerlich ebenso wie meine Darmkrankheit selbst immer wieder stark verändert haben. Für jemanden, der schon im Jugendalter ohne Krankheit Schwierigkeiten mit ihrem Körper hatte, ist das nicht wirklich einfach. Es nicht einfach heißt es ist schwer. Ich mag nicht, wie ich aussehe. Ich mag nicht, wie sich der Blick in den Spiegel anfühlt. Ich mag nicht, in was für einer körperlichen Verfassung ich gerade bin. Ich mag nicht, dass ich fett geworden bin. Ich mag nicht, dass Klamotten nicht mehr gut an mir aussehen – wenn sie denn noch passen und nicht schon ausgetauscht wurden. Ich mag nicht, was kranksein mit mir macht. Aber kranksein hat kein spezielles Aussehen, keinen Umhang, den man sich dann entsprechend umwirft. Kranksein ist schon schwer genug, so wie es ist. Denkt mal drüber nach: „You don’t look sick“ – „Well, I said I was sick – not ugly..“ Nur weil man krank ist, muss man nicht schlecht aussehen. Das ist ein schreckliches Vorurteil, gegen das wir unsichtbar chronisch Kranke konstant ankämpfen müssen.

DON’T JUDGE A BOOK BY ITS COVER NR.1
Links Weihnachten 2019 – vor einem Monat war ich Mama geworden und versuchte gerade noch verzweifelt, dass das Stillen zu funktionieren begann. Die Hormone machten mich fertig, typisch für junge Eltern litt ich unter Schlafmangel und mein Darm spielte trotz Azathioprin verrückt. Ich war aber ganz zufrieden. Die Verwachsungen in meinem Bauch machten mir Schmerzen.
Rechts Weihnachten 2021 – vor zwei Monaten gab’s ne neue Diagnose für mich namens Pyoderma Gangraenosum und seither nahm ich viel zu viele Tabletten wie Opiate und Kortison. Mein Darm spann rum wegen dem Absetzen des Kortisons, ich war seit zwei Monaten daheim und meine Psyche begann, den Bach runterzugehen. Die Heilung zog sich sehr. Ich hatte wieder mit Azathioprin angefangen, ich war frustriert und fühlte mich nicht wie ich selbst.
SIEHST DU DAS AUF DEN BILDERN?

DON’T JUDGE A BOOK BY ITS COVER NR. 2
Links Anfang November 2021 – Frisch diagnostiziert und Tag Eins mit 75mg Kortison dank Pyoderma Gangraenosum. Endlich hat mein Problem einen Namen, ob es mir gefällt oder nicht. Alles, was ich mir an Remission erarbeitet hatte mit meinem Crohn nützt mir nun nichts mehr, die gleichen beschissenen Medikament kommen wieder auf mich zu. Seit Monaten trug ich das Problem mit mir herum – um es loszuwerden, habe ich noch einen holprigen Weg vor mir. Wie das gelaufen ist, könnt ihr hier und hier lesen. Aber wenigstens hatte ich bis hierher noch das Gefühl, Kontrolle zu haben. Ganz gut mit Allem klar zukommen, was mir das Leben vor die Füße knallt. Ich mochte, wie ich aussah.
Rechts Mitte Februar 2022 – Nicht mal vier Monate später, auf mittlerweile 30mg Kortison nach einige Rückschlägen, einem weiteren Eingriff im Krankenhaus. Nach vielen Nebenwirkungen durch das Kortison, die mich körperlich und psychisch in die Knie gezwungen haben. Nach über zwei Monaten daheim, nun wieder im Geschäft aber noch am Kämpfen. Das ursprüngliche Problem wird besser, aber langsam und ich habe viel in den letzten Wochen eingebüßt. Ich mag mich kaum ansehen, was aus mir geworden ist. Nicht, weil ich mich hässlich finde, sondern weil ich mich unwohl fühle.
SIEHST DU DAS AUF DEN BILDERN?
